IN WENIGER ALS 2 MINUTEN
IHR MIT EINER SCHERE AUSGESCHNITTENES PORTRÄT MIT EINEM STARKEN KONTERFEI
DIE TRADITION DES SCHATTENRISSES IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM
Ursprünge
Der Schattenriss – also das „Schattenprofil“ – hat seine Wurzeln im 18. Jahrhundert. Damals wurde er in Europa als elegante und zugleich zugängliche Möglichkeit geschätzt, Personen porträtieren zu lassen. In einer Zeit, in der gemalte Porträts teuer waren, bot der Schattenriss eine schnelle, dekorative und erschwingliche Alternative.

Im deutschsprachigen Raum war diese Technik besonders beliebt – für ihre Präzision, Schlichtheit und handwerkliche Ästhetik.
Johann Caspar Lavater und die Wissenschaft des Profils
Ein wichtiger Vertreter war der Schweizer Johann Caspar Lavater, der Ende des 18. Jahrhunderts die Physiognomie populär machte – also die Idee, aus dem Gesichtsprofil Rückschlüsse auf den Charakter zu ziehen. Dies verlieh dem Schattenriss eine zusätzliche Bedeutung als Mittel zur Selbst- und Fremdbetrachtung.

Das 19. Jahrhundert: Bürgerlicher Aufschwung und Sentimentalität
Im 19. Jahrhundert wurde der Schattenriss zu einem festen Bestandteil bürgerlicher Wohnkultur. Familien ließen sich porträtieren – häufig durch reisende Künstler oder geschickte Laien. Diese kleinen Kunstwerke dienten als:
- Erinnerungen an Familienmitglieder und Kinder
- Verlobungs- oder Hochzeitsgeschenke
- Andenken an Verstorbene
- Dekorative Elemente in Familienalben
Der Schattenriss als Volkskunst und pädagogisches Mittel
Im deutschsprachigen Raum galt der Schattenriss lange als Volkskunst und wurde auch in der pädagogischen Arbeit mit Kindern verwendet. Bis heute wird das Ausschneiden von Profilen im Kunstunterricht praktiziert – als Übung in Beobachtung, Feinmotorik und kreativem Ausdruck.
Scherenschnitt vs. Schattenriss
Obwohl beide Techniken mit der Schere entstehen, wird im Deutschen klar unterschieden:
- Scherenschnitt bezeichnet dekorative Schnittbilder (z. B. florale Muster oder ländliche Szenen)
- Schattenriss bezieht sich speziell auf das menschliche Porträtprofil.
Diese Differenzierung ist kulturell tief verankert.
Kultureller Wert heute
Heute wird der Schattenriss als historisch wertvolle und emotional bedeutende Kunstform anerkannt. Man begegnet ihm in:
- Ausstellungen zur Porträtkunst
- Kulturfesten, traditionellen Märkten und Museen
- Schulprojekten und Kinder-Workshops
- Persönlichen Geschenken bei Hochzeiten und Feiern
Moderne Künstlerinnen und Künstler beleben diese Tradition neu, indem sie den Schattenriss als lebendiges, interaktives und zutiefst menschliches Erlebnis in die Gegenwart holen.